Immer unter Druck? Wer seine inneren Antreiber kennt, handelt souveräner

Eine menschlichere Arbeitswelt – das wünschen sich so viele schon so lang. Warum kriegen wir es dann nicht besser hin? Weil uns der permanente Zeitdruck im Job die alten Handlungsmuster immer wieder reproduzieren lässt, obwohl wir eigentlich längst wissen, dass wir damit ein System stabilisieren, das uns nicht guttut.

Die fünf inneren Antreiber

Und wie entkommen wir dem Druck? Am besten, indem wir diese inneren Antreiber in uns wahrnehmen:

- Sei schnell!
- Streng dich an!
- Sei perfekt!
- Sei stark!
- Sei gefällig!


Nicht in allen von uns wirken diese inneren Antreiber, aber doch, wie meine Coaching-Erfahrung zeigt, in den meisten.

Und eigentlich repräsentieren sie ja auch durchaus positive Eigenschaften. Nur wenn sie uns im Nacken sitzen und unsere Entscheidungen steuern, dann sollten wir schauen, ob wir die Arbeitswelt für uns ein Stück weit menschlicher machen können, indem wir uns nicht mehr so viel von unseren inneren Antreibern diktieren lassen, was richtig ist.

Die inneren Antreiber im Arbeitsalltag

Seit ich mich mit meinen inneren Antreibern „Sei perfekt“ und „Streng dich an“ auseinandergesetzt habe, achte ich darauf, bei laufenden Projekten zwischendurch immer mal wieder innezuhalten und mich zu fragen: Ist das jetzt wirklich wichtig oder füttere ich damit nur einen meiner Antreiber?

Meine Freude ziehe ich weiterhin aus einem möglichst exzellenten Ergebnis, aber für den Arbeitsalltag reicht in vielen Bereichen eben auch ein „Gut genug“.

Und noch ein Punkt: Manchmal machen wir auch anderen die Zusammenarbeit mit uns aufgrund eigener innerer Antreiber schwer. Etwa, wenn wir aufgrund eines „Sei schnell“-Antreibers alle paar Minuten bei der Kollegin nachfragen, ob sie denn die Präsentation schon umgebaut hat.

Dabei ist es nur unser selbstgemachter Druck, Dinge schnellstmöglich erledigt zu bekommen und vom Tisch zu haben, der hier Regie führt. Hier hilft die Frage: Wie dringend ist das gerade tatsächlich?

Zwei Damenschuhe symbolisieren das Bild, das man von sich hat


3 Fragen & Antworten: Innere Antreiber und Selbstzweifel


1.

Wie erkennen wir innere Antreiber, die begünstigen, dass wir an uns selbst zweifeln?

Oft ist uns überhaupt nicht bewusst, dass unsere Zweifel von inneren Antreibern genährt werden. Diese Antreiber haben ihren Ursprung in unserer Kindheit: Durch wiederholte Erfahrungen bilden wir die innere Überzeugung „Ich bin in Ordnung und liebenswert, wenn ich perfekt / stark / lieb / schnell bin bzw. wenn ich mich anstrenge.“

Wer etwa den Antreiber „Streng dich an“ verinnerlicht hat, mag zum Beispiel das Gefühl haben, gar nicht so richtig etwas geleistet zu haben, wenn eine Arbeit mal nicht anstrengend war, sondern leicht fiel. So ein Mensch könnte sich dann selbstzweiflerisch fragen: „Habe ich wirklich alles gegeben, wäre nicht noch mehr drin gewesen?“ und sich damit das Leben schwer machen.

„Insecure Overachiever wollen immer alles perfekt machen“

Ein anderer innerer Antreiber, der Selbstzweifel schürt, heißt: „Sei perfekt!“. Nur, wenn ich alles richtig gemacht habe, bin ich in Ordnung. Da Perfektion aber unerreichbar ist, halte ich mich mit diesem Antreiber selbst klein, denn ich genüge meinen eigenen Ansprüchen nie.

Besonders für „insecure overachiever”, also Menschen, die aufgrund von Selbstzweifeln immer in Vorleistung gehen, die bloß keine Fehler machen wollen, lohnt es sich, den „Sei  perfekt“-Antreiber in die Schranken zu weisen.

Wie das geht? Indem man erst einmal wahrnimmt, wann er anspringt und sich für diese Situationen dann mit einem „inneren Erlauber“ wappnet, etwa dem Satz „80 Prozent ist gut genug.“ Je öfter man sich diesen sagt (gern auch laut!), desto mehr etabliert sich ein neues Mindset.

Innere Antreiber sind Erfolgsstrategien aus der Vergangenheit, die sich in uns festgesetzt haben. Wenn wir das erkennen, können wir selbst bestimmen, wann wir sie in Zukunft für uns nutzen wollen – und wann sie unserem Selbstwert schaden und wir sie deshalb mit selbst definierten Erlaubern entmachten. 

2.

Wie können wir es schaffen, auch mal innezuhalten, wenn wir an uns selbst zweifeln? 

Drei Bewerbungs-Absagen nacheinander, niemand interessiert sich für das neue Produkt: Solche Erfahrungen lassen niemanden kalt und verunsichern. Statt sich dann in Selbstzweifeln zu wälzen und immer neue Aspekte zu entdecken, warum man den neuen Job nicht bekommen hat oder das Produkt einfach nicht einzigartig genug ist, empfehle ich, sich zu fragen: „Wofür ist es gut, dass ich das jetzt gerade erlebe?“

Das katapultiert heraus aus dem Problem-, hinein ins Lösungsdenken. Ich bin nicht gescheitert, nur noch nicht erfolgreich. In längeren Phasen, in denen wir mit uns nicht zufrieden sind, hilft es außerdem, sich alte Erfolge noch einmal aufzulisten, nach dem Motto: Schau an, das habe ich alles schon geschafft! Und jeden Tag drei bis fünf Dinge aufzuschreiben, für die man dankbar ist – vielleicht auch ganz einfach dafür, dass man nicht aufgibt.

3.

Besonders Frauen fällt es oft schwer, ihre Erfolge zu feiern. Was hilft dabei, die eigenen Erfolge mehr wertzuschätzen?

Unsere Leistungskultur ist so beschaffen, dass wir im Geiste meist sofort die nächste Aufgabe angehen, wenn wir eine erledigt haben. Häkchen gemacht auf der to-do-Liste? Prima, weiter geht’s!

Das ist weder für die einzelne Person noch für ein Team gut. Zusammen nach einem großen Projekt auf den Abschluss anzustoßen, das liegt noch im Bereich der Konvention. Sich selbst Anerkennung zu geben und auf die Schulter zu klopfen, das fällt uns deutlich schwerer.

Als Motivationscoach weiß ich, dass man Ziele aber viel eher erreicht, wenn man die einzelnen Schritte dorthin feiert und sich sogar schon vorher überlegt, wie man sich für eine Anstrengung belohnen möchte. Das kann alles sein: vom großen Eis bis zum kleinen Wochenendtrip. Hauptsache, man denkt daran, sich dabei zu sagen: „Das hast du dir echt verdient. Du kannst verdammt stolz auf dich sein.“

Entdecke deine inneren Antreiber

Du willst deine inneren Antreiber kennenlernen und in den Griff kriegen? Diese Arbeit ist Teil meines Coaching-Pakets speziell für Frauen.

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Andrea Huss